Europa weben befasst sich mit
der Konstruktion der europäischen Identität und Staatsbürgerschaft, die als
sich ständig verändernd angesehen werden kann, anstatt eine konkrete Bedeutung
zu haben oder sich auf eine unbestreitbare und kontinuierliche historische
Realität zu beziehen. Der metaphorische Ausdruck Europa weben wirft die Frage nach der Konstruktion der europäischen
Identität und der Notwendigkeit auf, die konzeptuellen, politischen und
sozialen Fäden zu untersuchen, die das europäische Projekt zusammenweben.
Die europäischen
Institutionen haben europäische Zuckerrüben, Butter, Käse, Wein, Kälber, ja
sogar europäische Schweine zustande gebracht, aber keinen europäischen
Menschen.
Das Vertrauen in
Institutionen, Wissenschaft, Kunst und Politik scheint verschwunden zu sein.
Misstrauen hat dazu geführt, dass Werte aufgrund von Eindrücken beurteilt
werden. Wir kennen die Fakten nicht, wir kennen die Menschen nicht, aber wir
haben eine Meinung. Dieses Chaos, das auf Illusionen, Halbinformationen und
sich schnell verändernden Bildern basiert, die wir nicht interpretieren können,
sucht nach einer Art von Ordnung. Ordnung wird angeboten in der soliden
Struktur autoritärer Regime, in starren Glaubenssätzen, in etwas, das scheinbar
die Bewegung eines Menschen bremst, das ein festes und verankertes Rückgrat
bietet. Aber wie stark kann das Rückgrat sein, das auf der Vernachlässigung und
Anfechtung der Welt um uns herum beruht, auf der Aufopferung unserer und der
Menschlichkeit der anderen, alles im Namen der Illusion?
Wir sind Zeugen
gesellschaftlicher Veränderungen und Korruption zugunsten der Starken, der
Isolierung und Diskriminierung von Minderheiten, des Geschichtsrevisionismus
und des Hasses auf diejenigen, die als "andere" oder
"anders" wahrgenommen werden. Mit anderen Worten, wir sind Zeugen der
Zunahme von moralisch desorientierten Ereignissen in Europa. Um jedoch mit
unseren Aussagen nicht die Souveränität „unserer Nation“ zu gefährden oder wie
der heilige Petrus unser Vaterland im Stich zu lassen, kehren wir alles unter
den Teppich, wohl wissend, dass unser Immunsystem uns beschützt, da wir zum
Glück die richtigen "Blutzellen" haben. Wir sind auch Zeugen der
Tatsache, dass das deutsche Volk scheinbar weder diejenigen, die das Böse
begehen, noch das Böse selbst so sehr hasst, wie diejenigen, die das Böse
entlarven.
Das Wiener
Performance Kollektiv God’s Entertainment hat ein Faible dafür, den Finger in
die Wunde zu legen - und das auf sehr poetische Weise. Was wird unter den
Teppich gekehrt in Deutschland und der gesamten europäischen Gemeinschaft?
Diese Frage nehmen
God’s Entertainment zum Anlass für eine künstlerische Recherche und die daraus
resultierende Installation Unter dem Teppich. Gesucht und geforscht werden dabei aktuelle Themen &
Geschichten zu bestimmten Themen wie beispielsweise Migration und Diversity und
resultierend als Bild- und Videomaterial erstellt. In der ersten Phase werden
wir anhand von Open Call gemeinsam mit den Angemeldeten einen Teppich in Farben
und Form der ausgewählten Flagge weben. Der Prozess ist öffentlich und frei zugänglich.
Teppiche sind immer schon migrierte Objekte, Symbol für Kultur und Austausch.
Das kollektive Weben wird zum Sinnbild für Fragen nach Migration, der
kulturellen und sozialen Beschaffenheit/Struktur des Landes.
Die Installation „Unter dem Teppich“ bezieht sich in der zweiten Phase
auf die Phrase „unter dem Teppich kehren“ und dient als Ausgangidee für eine
Medienlandschaft (MIX MEDIA COLLAGE), die unter dem Teppich angebracht wird. Um
sich mit den Inhalten der Installation auseinanderzusetzen, müssen die
Besucher*innen auf dem Rücken auf Rollbrettern liegen und dementsprechend sich
zu einzelnen Arbeiten selbst zu schieben.
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Weaving Europe addresses the construction of European identity and citizenship, which
can be seen as constantly changing rather than having a concrete meaning or
referring to an undeniable and continuous historical reality. The metaphorical
phrase weaving Europe raises the
question of the construction of European identity and the need to examine the
conceptual, political, and social threads that weave the European project
together.
European institutions have brought about European sugar beets, butter,
cheese, wine, calves, even European pigs, but not a European human being.
Trust in institutions, science, art and politics seems to have
disappeared. Distrust led to values being judged based on impression. We don’t
know the facts, we don’t know the people, but we have an opinion.
This chaos, based on illusions, semi-information and rapidly changing
images that we cannot interpret, is seeking some kind of order. Order is
offered in the solid structure of authoritarian regimes, in rigid beliefs, in
something that seemingly slows down someone’s movement, that offers solid and
entrenched backbones. But how strong can be the backbone which is based on
neglecting and contesting the world around us, on the sacrifice of our and
others’ humanity, all in the name of illusion?
We
are witnessing social change and corruption in favor of the strong, the
isolation and discrimination of minorities, historical revisionism and hatred
of those who are perceived as "other" or "different". In
other words, we are witnessing the rise of morally disoriented events in
Europe. However, in order not to jeopardize the sovereignty of "our
nation" with our statements or, like St. Peter, abandon our fatherland, we
sweep everything under the carpet, knowing that our immune system will protect
us, as we fortunately have the right "blood cells". We are also
witness to the fact that the German people seem to hate neither those who
commit evil nor evil itself as much as those who expose evil.
The Viennese performance collective God's Entertainment has a penchant
for putting its finger in the wound - and in a very poetic way. What is swept
under the carpet in Deutschland and the entire European community?
God's Entertainment takes this question as an opportunity for artistic
research and the resulting installation Under the Carpet. Current themes and
stories on specific topics such as migration and diversity will be sought out
and researched, resulting in image and video material. In the first phase, we
will weave a tapestry in the colors and shape of the selected flag together with
the participants using Open Call. The process is public and freely accessible.
Carpets have always been migrated objects, symbols of culture and exchange.
Collective weaving becomes a symbol for questions about migration, the cultural
and social nature/structure of the country.
In the second phase, the installation "Under the carpet"
refers to the phrase "sweeping under the carpet" and serves as the
starting idea for a media landscape (MIX MEDIA COLLAGE), which is placed under
the carpet. In order to engage with the contents of the installation, visitors
must lie on their backs on rolling boards and accordingly push themselves
towards individual works.